Seit Jahren beklagen Handwerksbetriebe den Mangel an neuen Bewerbern: Das Leipziger Projekt „Heldenjobs“ hat sich gemeinsam mit dem Unternehmerverband Sachsen e.V. der Herausforderung angenommen, um einen Teil zur Lösung beizutragen. Unter dem Titel „Mitarbeitergewinnung im Handwerk“ ging es am 22.11.2022 in der Wunderbar in Plagwitz zusammen mit Vertretern der Stadt Leipzig und Leipziger Handwerksunternehmen gemeinsam in die Diskussionsrunde.
Einer Herausforderung wie dieser kann sich nur mit einer gehörigen Portion Optimismus gestellt werden – und diese bringt das Projekt Heldenjobs mit: Durch eine neue Plattform, die sich ausschließlich an Handwerker richtet, will das junge Start-Up um Philipp Stützle, Tom Beyer und Hagen Stoklossa die Qualität der Betriebe transparenter machen und ihre zu oft versteckten Vorzüge ins Scheinwerferlicht rücken. Dies schaffen sie aber nur, wenn alle gemeinsam mit anpacken. Denn, um es in den Worten von Gründer Stützle zu sagen, könne eine solche Mammutaufgabe allein „im Kollektiv“ gemeistert werden.
Deshalb waren auch die Unternehmer vor Ort selbst gefragt: Was sehen sie als größte Hürde im Anwerben neuer Mitarbeiter? Wollen die jungen Leute von heute sich überhaupt noch die „Hände schmutzig machen“?
Ein Impulsvortrag von Prof. Dr. Peter Wald der HTWK, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Personalmanagement, sollte mögliche Antworten geben. Er betonte die fehlende Flexibilität der Betriebe, sich auf die Lebensrealitäten der Bewerber einzulassen, die in der heutigen Zeit weniger für die Arbeit leben als für ihr Leben außerhalb der Arbeit. Wünschen nach Teilzeit oder flexibler Zeiteinteilung würde häufig mit Unverständnis begegnet, selbst im Angesicht gänzlich ausbleibender Bewerber. Auch die Ablehnung moderner Bewerbungsmethoden schade nur den Unternehmen, da sich 69 % aller unter 20-jährigen online und insbesondere mobil bewerben. Doch auch hier sei betont: Spielereien auf TikTok sollten nicht der Fokus sein, pragmatische Werbungen mit klaren Arbeitsbeschreibungen, gute Basics also sind es, die die Bewerber in die Betriebe bringen. Bleiben tun diese durch eine ordentliche Mitarbeiterbindung, in die kontinuierlich investiert werden müsse. Denn, so Wald, möchte der Mitarbeiter von heute als individuelle Person gesehen werden: Mitarbeiterfokus sei nicht „schick“, sagt Wald, er sei „essentiell.“
Der Frage, inwiefern diese Lösungsansätze implementiert werden können, begegneten die vielfältigen Leipziger Unternehmer mit großem Interesse: Bei der vom UV-Vorsitzenden Lars Schaller und Personalgewinnungsexpertin Maria Sharichin moderierten Diskussionsrunde wurde der Wunsch nach einer klaren Lösung deutlich. Was hebe Heldenjobs von anderen Plattformen ab? Ein Zertifikat, so die Gründer, solle die Qualität der Arbeitgeber nicht durch einen intransparenten Vertrag, sondern durch einen wissenschaftlich erarbeiteten Zertifizierungsrozess bestätigen und somit Vertrauen bei den Bewerbern schaffen. Doch nicht nur das: Ein Fokus auf die Region Leipzig solle die Kooperation mit den Unternehmen nicht bloß erleichtern, sondern den Prozess durchsichtiger und verifizierbarer machen.
Als abgeschlossenes Projekt sieht sich das junge Unternehmen jedoch nicht: Feedback und zielorientierte Kritik wurden mit offenen Ohren empfangen – und werden dies auch in Zukunft. Alle Anwesenden waren sich jedoch einig: Das Handwerk hat ein Image-Problem und die Attraktivität muss für junge Bewerber wieder sichtbarer gemacht werden. Eine Aufgabe, die nur gemeinsam bewältigt werden kann.